Danach sind wie bisher so genannte Regelanfragen möglich, mit denen eine Überprüfung auf hauptamtliche oder inoffizielle Mitarbeit für den ehemaligen Staatssicherheitsdienst der DDR eingeleitet werden kann. Die gesetzliche Neuregelung sieht eine Befristung bis Ende 2011 vor. Der Sportausschuss des Deutschen Bundestages hatte zuvor der Verlängerung zugestimmt.
Gesetzesnovelle bezieht Sport für die nächsten fünf Jahre ein
Nach dem Gesetzentwurf, den Union, SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingebracht hatten, soll für diesen Personenkreis des Sports das Archiv der so genannten Birthler-Behörde geöffnet bleiben: „Mitglieder des Präsidiums und des Vorstandes sowie leitende Angestellte des Deutschen Olympischen Sportbundes, seiner Spitzenverbände und der Olympiastützpunkte, Repräsentanten des deutschen Sports in internationalen Gremien sowie Trainer und verantwortliche Betreuer von Mitgliedern der deutschen Nationalmannschaften.“ Ausdrücklich heißt es, dass der Stasi-Check auch für Bewerber um Ämter und Funktionen möglich ist. Bei den Regelüberprüfungen soll der Personenkreis auf mögliche Stasiverstrickungen verdachtsunabhängig überprüft werden können.
Ein erster Gesetzentwurf, der das Auslaufen der 15-Jahres-Frist nach der gegenwärtigen Rechtslage zum Jahresende und die Fortsetzung von Überprüfungsmöglichkeiten lediglich für ranghohe Politiker, Berufsrichter und Wahlbeamte vorsah, war in den letzten Wochen auf Kritik gestoßen. Für einen Beibehalt der gegenwärtigen Praxis hatte sich der DOSB gegenüber dem Bundestagsausschuss für Kultur und Medien in einer viel beachteten Stellungnahme ausgesprochen. Kultur- und Sportpolitiker sowie die Fraktionen einigten sich schließlich auf eine neue Gesetzesnovelle, die ausdrücklich den Sport mit einbezog und für die nächsten fünf Jahre gelten soll.
Bundesrat muss noch zustimmen
Der Bundesrat muss der gesetzlichen Neuregelung auf seiner Sitzung am 15. Dezember noch zustimmen. Die Länderkammer hatte zuvor einen Gesetzesantrag des Freistaates Thüringen beschlossen, der für einen breiten Personenkreis eine unbefristete Fortsetzung des Stasi-Checks vorsah. Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) hat bereits angekündigt, er stimme dem Kompromiss mit der Fünf-Jahres-Regelung zu. In der Bundestagsdebatte unterstrich der CDU-Abgeordnete Arnold Vaatz, Stasi-Mitarbeit werde zu keiner strafrechtlichen Kategorie gemacht. Es gehe nicht darum, „jemanden an den Pranger zu stellen“, „es ging immer um die Frage der Eignung für ein bestimmtes öffentliches Amt“: „In dem Moment, in dem sich jemand für ein öffentliches Amt für geeignet erklärt, muss er erdulden, dass seine Biografie öffentlich diskutiert wird. Das ist selbstverständlich. Tatsachen muss man öffentlich erwähnen dürfen.“
Thierse (SPD): "Sport hat Versäumnisse nachzuarbeiten"
Dr. Wolfgang Thierse (SPD) unterstrich, alles in allem sei eine „rechtsstaatlich angemessene Nachfolgeregelung“ gefunden worden, appellierte aber zugleich: „Wir sollten an der rechtsstaatlichen Grundüberzeugung, die übrigens auch eine christliche Grundüberzeugung ist, einem Menschen sein Fehlverhalten nicht ein Leben lang vorzuwerfen, festhalten.“ Nunmehr werde die Möglichkeit zur Akteneinsicht auf einen klar definierten Personenkreis eingeschränkt: „auf Inhaber öffentlicher Positionen, denen die Bürger ein besonderes Vertrauen entgegenbringen“ - dazu gehörten auch höhere Sportfunktionäre, Trainer und Betreuer. Der Bundestags-Vizepräsident: „Bei diesem Personenkreis sollen die Bürger sicher sein, dass sie ihr Vertrauen verdienen, diese es also nicht schon einmal missbraucht haben. Das gilt eben auch und gerade für den Sport. Junge Sportler und ihre Eltern müssen darauf vertrauen können, dass Funktionäre, Trainer und Ärzte nichts mit dem scheußlichen Dopingsystem der DDR zu tun hatten. Da hat der Sport bisherige Versäumnisse nachzuarbeiten.“
Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen): "Es geht um die Personen, auf die es im öffentlichen Leben ankommt"
Die Abgeordnetre Katrin Göring-Eckardt betonte für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, bei dieser Regelüberprüfung gehe es nicht um das Einschränken von Persönlichkeitsrechten oder um einen Generalverdacht. Vielmehr gehe es darum, „dass jemand, der in der Öffentlichkeit ein bestimmtes Amt innehat und dem Vertrauen entgegengebracht werden soll und muss, ganz sicher sagen kann: Ich bin überprüft, und ich sage dir: Ich war nicht bei der Staatssicherheit. Es geht um die Personen, auf die es im öffentlichen Leben ankommt. Dazu gehört auch der Bereich des Sports. Ich bin froh, dass wir diesen Bereich in das Gesetz aufgenommen haben. Ich bin auch froh, dass es eine gute Zusammenarbeit mit denjenigen gab, die im Sport Verantwortung übernehmen.“ Auf diesem gesellschaftlichen Feld müsse mit der Überprüfung „wirklich Ernst gemacht werden“.
Börnsen (CDU/CSU): " Die Opfer bleiben im Blickpunkt des Gesetzgebers"
Auch der kulturpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Börnsen, hob den Stellenwert des Sports im neuen Gesetz hervor und sagte: „Für eine Überprüfung ist kein Anfangsverdacht notwendig. Arbeits- und dienstrechtliche Folgen bei einer nachgewiesenen Spitzeltätigkeit für den Staatssicherheitsdienst werden durch kein Vorhalteverbot mehr verhindert. Die Opfer und nicht die Täter bleiben im Blickpunkt des Gesetzgebers.“ Die Rosenholz-Datei mache deutlich, dass immer noch brisante Fälle ans Tageslicht kämen. Deshalb dürfe der Aufklärungswille nicht erlahmen - auch nicht, weil es 16.000 noch nicht ausgewerteter Schnipselsäcke mit über 45 Millionen Blatt gebe. Das siebte Stasiunterlagen-Gesetz differenziere jetzt bei den Beschuldigten und nehme Rücksicht auf die kleinen Täter. Oberstes Ziel bleibe jedoch: „Die Diktatur gilt es zu demaskieren und unsere Demokratie zu stärken.“
Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) lobt Engagement des DOSB
Winfried Hermann, sportpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, erklärte nach der Debatte, der DOSB habe entscheidenden Anteil daran gehabt, dass zumindest für die nächsten fünf Jahren weiterhin Regelanfragen für einen klar definierten Personenkreis möglich sind. „Die Argumente in der Stellungnahme von DOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper waren überzeugend“, stellte Hermann fest. „Nur dadurch ist es gelungen, Überzeugungsarbeit bis in die Spitze der Fraktionen zu leisten. Das war ein sehr gutes Zusammenspiel zwischen Sport und Politik.“