Der Schraubenkönig von Berlin

Klaus Foerster hält den Sportabzeichen-Rekord in der Hauptstadt und hat seine Verfolger fest im Blick.

Verleihung des Silbernen Lorbeerblattes 1970 durch den damaligen Innenminister Genscher an Klaus Foerster (rechts) und seinen Trampolin-Partner Michael Budenberg (links im Bild)
Verleihung des Silbernen Lorbeerblattes 1970 durch den damaligen Innenminister Genscher an Klaus Foerster (rechts) und seinen Trampolin-Partner Michael Budenberg (links im Bild)

„Rennen konnte ick schon immer, egal ob als Kind beim Äppel klauen oder später im Beruf. Und viele haben mir das auf den ersten Blick gar nicht zugetraut“, erzählt Klaus Foerster in breitem Berliner Dialekt und lacht dabei herzlich. Mit seiner direkten und offenen Art zieht der 81-Jährige jeden sofort in seinen Bann. Und auch das, was er zu erzählen hat, lässt die Zeit wie im Fluge vergehen. Eigentlich begann sein Bewegungsdrang schon im Januar 1932, als Klaus Foerster in Berlin das Licht der Welt erblickte.

Klein aber schnell

Bereits in seiner Kindheit musste sich Klaus Foerster durchsetzen. „Ich war schon immer ziemlich klein, damals wurde ich oft Fix Niedlich genannt, das war so eine typische Bezeichnung, die ich auch später noch oft gehört habe“, erzählt er. Deshalb galt es schon immer, die vermeintlich fehlenden Zentimeter gut zu machen. „Früher, zu meiner Zeit, hatten wir Kinder nicht viel zu sagen. Die Erziehung war sehr streng. Also mussten wir uns durch Leistung hervortun. Bei mir war das immer schon der Sport und vor allem meine Schnelligkeit“, erinnert er sich. Im Zweiten Weltkrieg verschlug es ihn durch die Kinderlandverschickung nach Prag, von dort kam er nach Lippe/ Westfalen.

„Dort habe ich damals als 13-Jähriger bei einem Bauern gearbeitet. Wir waren jeden Tag mindestens 10 Stunden auf den Feldern, das war wirklich hart. Zu unserer Gruppe gehörte ein Junge, der in einem Turnverein war und durch ihn kamen wir auf eine ziemlich verrückte Idee. Wir rammten zwei Baumstämme in den Boden und befestigten darüber eine Eisenstange und fertig war eine Art Reck“,  erzählt Klaus Foerster. Von da an übte er jeden Tag nach der harten Feldarbeit Aufschwünge und Bauchwellen. Diese Grundlagen des Turnens am Reck sollten ihm später noch wichtige Dienste erweisen.

Vom Scheitel bis zur Sohle zählt jeder Millimeter


1953 kehrte Klaus Foerster zurück in seine Heimat Berlin. Das Ziel des 21-Jährigen: er wollte unbedingt zur Bereitschaftspolizei. Aber auch hier tat sich ein altbekanntes Problem auf. „Für die Aufnahme musste man mindestens 1,68 Meter groß sein. Schon Wochen vor dem Termin trainierte ich, leicht auf den Zehen zu stehen, ohne dabei die Hacken zu heben. Das klingt schwierig, funktioniert aber“, lacht der heute 81-Jährige. Dazu eine perfekt gerade Haltung, ein durchgestreckter Rücken und ein stolz erhobenes Haupt: am Ende zeigte das Maß bei der Aufnahme zur Bereitschaftspolizei 1,69 Meter und sogar noch ein paar Millimeter mehr. „Damit hatte ich mein Ziel erreicht, ich war drin“, so Klaus Foerster.

Bei der Bereitschaftspolizei nutzte Klaus Foerster jede Möglichkeit zum Sport, die sich ihm bot. Im Judo wurde er in der Gewichtsklasse Federgewicht sogar vier Mal hintereinander Deutscher Polizeimeister. „Durch meine Erfolge habe ich mir im Kollegenkreis damals viel Respekt verschafft. Und Judo war eine gute Voraussetzung, um bei der Bereitschaftspolizei auch mit den schweren Jungs zurecht zu kommen“, erzählt Klaus Foerster. „Ich wollte nie, dass mir einer weg rennt, also musste ich schnell und stark sein“, sagt er.

Mit seiner Aufnahme bei der Bereitschaftspolizei 1953 legte Klaus Foerster auch zum ersten Mal das Deutsche Sportabzeichen ab. „Wir hatten da eigentlich keine Wahl. Unser Zugführer sagte damals: 'Ein deutscher Polizeibeamter hat an der Uniform ein Sportabzeichen zu tragen'.“ Also legte der junge Polizist los. Kleinere Schwächen, wie zum Beispiel beim Kugelstoßen ersetzte Klaus Foerster durch andere Disziplinen. „Die Technik beim Kugelstoßen lag mir nicht besonders, vor allem der Ring bereitete mir Probleme, deshalb habe ich mich für das Steinstoßen entschieden. Das war eher mein Ding, weil es mit Anlauf war“, erinnert er sich.

Als Klaus Foerster sein erstes Sportabzeichen in Gold vom Chef überreicht bekam, war sein Ehrgeiz erneut geweckt. „Das Goldene glänzte noch viel schöner an der Uniform, damit fiel man schon auf“, lacht er. Danach lief es ab wie im Bilderbuch: Jahr für Jahr legte Klaus Foerster die Disziplinen ab. Alle fünf Jahre schmückte ein neues Abzeichen mit einer höheren Zahl sein Revers.

Ein Amerikaner und ein neuer Sport

Als Klaus Foerster 28 Jahre alt war, trat ein Mann in sein Leben, der eine neue sportliche Leidenschaft in dem jungen Bereitschaftspolizisten weckte. „Duane Bruce war kalifornischer Studentenmeister im Trampolinturnen. Er kam nach Berlin und suchte nach einem Platz, wo er sein Trampolin abstellen konnte. Er fragte bei uns nach und bot als Gegenleistung an, dass wir das Gerät in der Sporthalle mit nutzen könnten“, erzählt Klaus Foerster.

Was dann folgte, liegt sprichwörtlich auf der Hand. Klaus Foerster stand als einer der Ersten auf dem Trampolin. Er merkte schnell, dass dieser Sport viel einfacher aussah, als er war. Aber wie immer setzte sich sein Ehrgeiz durch und er trainierte nahezu besessen Sprünge, Salti und Schrauben...Er liebte es, durch die Luft zu fliegen. „Die nannten mich den Schraubenkönig“, lacht Klaus Foerster. Elf Jahre lang war er in der deutschen Nationalmannschaft im Trampolinturnen, neun Mal wurde er Berliner Meister, mehrfacher Deutscher Meister und sogar Weltmeister im Synchronturnen mit seinem Partner Michael Budenberg. Der Kontakt zu Duane Bruce besteht noch immer.

Auf Rekorden soll man sich nicht ausruhen

Mit 81 Jahren hat Klaus Foerster in diesem Jahr einen neuen Berliner Rekord aufgestellt. Er ist derzeit der Einzige in der Bundeshauptstadt, der 60 Mal das Deutsche Sportabzeichen abgelegt hat. Die Urkunde wurde ihm im Rahmen der Sportabzeichen-Tour des Deutschen Olympischen Sportbundes am 14.September von Bundespräsident Joachim Gauck verliehen. Begegnungen dieser Art kennt Klaus Foerster. „Ich habe bereits Richard von Weizsäcker die Hand geschüttelt. Und 1970 wurde mir durch den damaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann das Silberne Lorbeerblatt verliehen. Überreicht wurde es damals in Bonn durch Innenminister Hans-Dietrich Genscher“, erzählt er stolz.

Trotz des Rekordes und der beeindruckenden 60 Wiederholungen lehnt sich Klaus Foerster in Sachen Sportabzeichen nicht zurück. „Es gibt jemanden hier in Berlin, der in diesem Jahr sein 59. Sportabzeichen abgelegt hat, der ist mir also auf den Fersen und das spornt mich an, weiter zu machen.“

(Quelle: wirkhaus)


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