Grande Dame des Sports: Zum 85. Geburtstag von Erika Dienstl

Am 1. Februar feierte Erika Dienstl ihren 85. Geburtstag. Der frühere IOC-Präsident Jacques Rogge bezeichnete sie einst als „Eine große Dame in der Welt des Sports“.

Erika Dienstl mit DOSB-Präsident Alfons Hörmann (l.) und Bundesinnenminister Thomas de Maiziere bei der Verleihung der Ehrennadel des DOSB. Foto: Witters
Erika Dienstl mit DOSB-Präsident Alfons Hörmann (l.) und Bundesinnenminister Thomas de Maiziere bei der Verleihung der Ehrennadel des DOSB. Foto: Witters

Als DOSB-Präsident Alfons Hörmann ihr im vorigen Jahr die Ehrennadel des Dachverbandes des deutschen Sports überreichte, schloss er sich angesichts dieser Lebensleistung im und für den Sport kurzerhand dem früheren IOC-Präsident Jacques Rogge an. Der war im Jahre 2010 in seinem Beitrag für das Buch in dem 40 Persönlichkeiten und Wegbegleiter Facetten aus dem Leben und Wirken von Erika Dienstl zusammentrugen, über den Titel der Publikation hinausgegangen.

„Voilà, une Dame“ heißt das Buch. Und Rogges Gruß zum 80. Geburtstag lautete: „Eine große Dame in der Welt des Sports“. Damit, so Hörmann, sei eigentlich das Wichtigste gesagt. Und das gilt auch fünf Jahre nach Rogges Gruß. An diesem Sonntag hat Erika Dienstl, nach wie vor in der Welt des Sports unterwegs, das 85. Lebensjahr vollendet.

Anerkannt im deutschen und internationalen Sport

Nicht nur der Sport hierzulande, so Hörmann, habe die Grande Dame so kennengelernt, seit sie über ihre Heimatvereine, den Allgemeinen Turnverein Stolberg-Atsch und vor allem den Stolberger Fechtclub, zum Sport kam und früh die ehrenamtliche Arbeit begann – im Fechtverband, vor allem in der Sportjugend und schließlich in der Sportpolitik allgemein. Auch international hat sie bedeutende Spuren hinterlassen:

Sie war Vorsitzende der Deutschen Sportjugend, bei der Stiftung Deutsche Sporthilfe, seit 30 Jahren als Vorsitzende des Empfehlungsausschusses für die Sportplakette des Bundespräsiden-ten, als Vizepräsidentin des Deutschen Sportbundes, als Präsidentin des Deutschen Fechterbundes und auch als „engagierte Außenministerin des deutschen Sports“, wie Manfred von Richthofen, der im vorigen Jahr verstorbene DOSB-Ehrenpräsident, es nannte, beispielsweise im Kuratorium des Deutsch-Französischen Jugendwerks oder als Mitglied der Kommission Sport und Umwelt des Internationalen Olympischen Komitees.

Jacques Rogges charmanter Gruß

Wer also beginnen will, die einmalige Fülle der Funktionen, Aufgaben und Verdienste der Erika Dienstl aufzuzählen, für die sie vielfach ausgezeichnet worden ist, der ist für Jacques Rogges charmante Zusammenfassung sehr dankbar. Wobei auch der belgische Chevalier viel mehr damit meinte. Denn die „große Dame“ Erika Dienstl hat diesen Weg auch auf ihre ganz eigene Weise beschritten. Warmherzig und offen, immer freundlich, oft als rheinische Frohnatur, aber dabei hartnäckig und klug ihre Ziele verfolgend.

Erika Dienstl hat sich nicht damit abgefunden, dass der Sport so sein muss, wie er manchmal ist. Und so mancher musste zur eigenen Überraschung feststellen, dass die Dame unter dem Mantel ihres Charmes auch durchaus Zähne zeigen kann. Viele der Aufgaben hat sie als erste Frau übernommen. Mancher, so sagte DOSB-Hörmann, habe ihre ihre Leistung anerkennend, aber unbeholfen so beschrieben: Sie stehe ihren Mann. „Ich könnte mir vorstellen“, sagte Hörmann, „dass sie darauf so geantwortet hat: Dummes Zeug!' Und dann hat die Dame wieder gelächelt.“

Erika Dienstl wurde am 1. Februar 1930 als einzige Tochter des Prokuristen Heinrich May und dessen Ehefrau Maria in Aachen geboren und absolvierte nach Volksschule, Gymnasium und Abitur eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Ihre berufliche Laufbahn beschloss sie 1990 als stellvertretende Einkaufsleiterin eines Chemieunternehmens.

In ihrer sportlichen Laufbahn fühlte sie sich immer besonders dem Fechten verbunden. 1952 begann sie diesen Sport. Seit 1963 ist sie in der Sportpolitik tätig. Zunächst wirkte sie im Rheinischen Fechterbund, wechselte dann in den Deutschen Fechter-Bund als Jugendwartin, wurde später Vizepräsidentin und 1986 als erste Frau eines deutschen Sportverbandes überhaupt auch Präsidentin. 14 Jahre leitete sie die Geschicke des DFB, ehe sie sich im Jahr 2000 nicht mehr zur Wahl stellte und Gordon Rapp ihr Nachfolger wurde.

Erfolge und schwierige Zeiten

In die Zeit ihrer Präsidentschaft fielen neben den großen Fecht-Erfolgen bei bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul und bei den Weltmeisterschaften 1993 in Essen auch die erfolgreiche Vereinigung mit dem Deutschen Fecht-Verband (DFV) der ehemaligen DDR im Dezember 1990. Auch damit erwarb sich die resolute Rheinländerin Respekt bei Athleten, Funktionären und Mitgliedern, trotz der finanziell schwierigen Zeiten, durch die sie den Verband führen musste. Der DFB wählte sie zur Ehrenpräsidentin mit Sitz und Stimme im Hauptausschuss.

Sie selbst zog nach ihrer langen Amtszeit ein zufriedenes Fazit. Insgesamt sei es dem Fechter-Bund in den 14 Jahren sportlich sehr gut gegangen, nicht zuletzt dank des Engagements des verstorbenen Tauberbischofsheimer Cheftrainers Emil Beck, sagte sie. „Für mich war es eine menschliche Bereicherung, das Amt inne gehabt zu haben. Besonders die Zuneigung der Fechter hat mir sehr viel bedeutet. Ich habe vieles gelernt und natürlich auch einige Blessuren abbekommen, aber das muss man wegstecken.“

Auszeichnungen für große Verdienste

Für ihre Verdienste in ihrer langen sportpolitischen Tätigkeit wurde Erika Dienstl mit höchsten Ehren ausgezeichnet. 1977 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz am Bande überreicht, dem 1984 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und 1996 das Große Bundesverdienstkreuz folg-ten. Sie erhielt den Ehrenbrief des Deutschen Turnerbundes und 1997 den Olympischen Orden des IOC, die höchste internationale Sportauszeichnung. Vor fünf Jahren zeichnete sie der Europäische Fechtverband mit seinem Ehrensäbel aus.

Auch heute noch ist Erika Dienstl noch immer dem Sport eng verbunden und nimmt an zahlreichen Veranstaltungen teil. Nach wie vor aber gehört die besondere Liebe dem Fechtsport. „Wann immer es ihre Zeit erlaubt, ist sie auf Turnieren anzutreffen“, heißt es im Glückwunsch des Deutschen Fechterbundes. „Dabei legt sie großen Wert auf den Kontakt zu den Athletinnen und Athleten sowie den Trainern.“

Nicht nur die Fechter schließen sich aus Anlass des Ehrentages wieder Jacques Rogge an, der Erika Dienstl und ihre Verdienste auch so gewürdigt hat: „Chapeau!“

(Quelle: DOSB-Presse, Ausgabe 6)


  • Erika Dienstl mit DOSB-Präsident Alfons Hörmann (l.) und Bundesinnenminister Thomas de Maiziere bei der Verleihung der Ehrennadel des DOSB. Foto: Witters
    Erika Dienstl mit DOSB-Präsident Alfons Hörmann (l.) und Bundesinnenminister Thomas de Maiziere bei der Verleihung der Ehrennadel des DOSB. Foto: Witters