Im Anti-Doping-Kampf sind Klarstellungen geboten

Leider ist festzustellen, dass in der Debatte um ein sogenanntes Anti-Doping-Gesetz nicht nur sachliche Beiträge die Diskussion bereichern. Aus diesem Grund weist DOSB-Justitiar Dr. Holger Niese auf einige wichtige Punkte hin.

Durchsuchungen auch jetzt schon möglich

Die Annahme, ordnungsbehördliche Überwachungsmaßnahmen nach spanischem Vorbild seien bei bestehender deutscher Rechtslage schlechthin nicht möglich, ist unzutreffend. Ein hinreichender Anfangsverdacht z.B. auf ein Dopingnetzwerk (wie in Spanien) würde die Staatsanwaltschaft hier zu Lande berechtigen bzw. sogar verpflichten, die Frage eines Inverkehrbringens von Dopingmitteln aufzuklären. Dies könnte - orientiert an der einschlägigen Strafbestimmung des § 6 a Arzneimittelgesetz (AMG) - mit Durchsuchungen/Beschlagnahmen einhergehen, wie der Fall Springstein belegt.

 

Strafverschärfung - Vehikel verbesserten Ermittlungsinstrumentariums

Ein Rückgriff auf moderne Ermittlungsmethoden wie z.B. Telefonüberwachung oder den Einsatz verdeckter Ermittler wäre gleichfalls nicht ausgeschlossen, aber rechtlich problematisch. Um diese Probleme zu beseitigen, hat der DOSB in Anlehnung an den Abschlussbericht der ReSpoDo eine Strafverschärfung für das bandenmäßige sowie gewerbsmäßige Inverkehrbringen gefordert (§ 6 a i.V.m. § 95 Abs. 1 Nr. 2 a, 3 a AMG; Androhung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren). Die Strafverschärfung zu Lasten der organisierten Kriminalität würde somit auch helfen, die Palette der Ermittlungsmethoden zu erweitern oder diese abzusichern.

 

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Qualifizierte Verfolgung durch Schwerpunkts-Staatsanwaltschaften

Damit solche Ermittlungen auch tatsächlich vollzogen werden, bedarf es u.a. geschulten, verständigen Personals. Da diese fachspezifischen Kenntnisse im Rahmen der bisherigen Organisationsstrukturen allerdings oftmals nicht vermittelt werden, kommt der DOSB-Forderung nach Errichtung von Schwerpunkts-Staatsanwaltschaften besondere Bedeutung zu. Hier liegt die Zuständigkeit bei den Bundesländern. Neben den vom DOSB unterbreiteten Vorschlägen in Anlehnung an den ReSpoDo-Abschlussbericht ist die Verminderung der beim geltenden Recht bestehenden Vollzugsdefizite ein wichtiges Instrument für einen wirkungsvolleren Anti-Doping-Kampf.

 

Kein Anti-Doping-Gesetz in Spanien

Zur Klarstellung ist anzumerken, dass der Ruf nach einem Anti-Doping-Gesetz in Deutschland, um vergleichbare Verhältnisse wie etwa in Spanien zu schaffen, fehl geht. Denn auch in Spanien ist kein Vorgehen nach einem solchen Gesetz (das es dort noch nicht gibt) möglich, vielmehr wurden die Ermittlungsmaßnahmen im Radsport auf das (allgemeinere) Gesundheitsgesetz gestützt.

 

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Arbeitsteiliges Handeln zwischen Staat und Sport

Arbeitsteiliges Handeln zwischen Staat und Sport entspricht dem internationalen Standard. Auch z.B. in Spanien, Frankreich und Österreich wird dieses praktiziert. Arbeitsteiliges Handeln bedeutet nicht, dass Doping-belasteten Athleten und dem Umfeld besondere Milde zuteil wird. Im Gegenteil: Der Sport lässt den Athleten in Form von Sperren die härtestmögliche Strafe (temporäres Berufsverbot) zukommen; der Staat sanktioniert das Umfeld, also den Bereich, der ermittlungsintensiv ist und in dem die Möglichkeiten des Sports von vornherein beschränkt sind. Würde nur noch der Staat sanktionieren, wäre eine Bestrafung erschwert, da ein uneingeschränkter Schuldnachweis geführt werden müsste.

 

Die arbeitsteilige Aufgabenwahrnehmung entspricht im Übrigen auch der IOC-Null-Toleranz-Politik, der bei den Olympischen Winterspielen von Turin durch eine Vereinbarung zwischen italienischem Staat und IOC Ausdruck verliehen wurde.