SPD-Sportpolitiker gegen künftige Stasi-Überprüfungen

Die Arbeitsgruppe Sport der SPD-Bundestagsfraktion hat sich gegen eine weitere Überprüfung von Sportfunktionären und leitenden Mitarbeitern auf Zusammenarbeit mit der Stasi der DDR ausgesprochen.

Parteien streiten über Überprüfungsmöglichkeiten für den Sport nach dem 28. Dezember 2008. Copyright: picture-alliance/ZB
Parteien streiten über Überprüfungsmöglichkeiten für den Sport nach dem 28. Dezember 2008. Copyright: picture-alliance/ZB

Danckert für Verjährungstatbestand

Das erklärte der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert im Deutschlandfunk. Danckert, auch Vorsitzender des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, sagte, 17 Jahre nach der Wende und 15 Jahre nach Inkrafttreten des Stasi-Unterlagengesetzes sei eine Fortsetzung des Stasi-Checks auch für den Sport nicht mehr zu rechtfertigen. Tragendes Prinzip des Rechtsstaates sei nun einmal der „Rechtsfrieden“ mit seinen Verjährungstatbeständen.  

„Nach Ablauf dieser langen Zeit ist ein Sachverhalt so weit verbraucht, dass er auch unter dem Gesichtspunkt von charakterlicher Eignung nicht mehr hervorgeholt werden müsste“, sagte Danckert. Der ursprüngliche Entwurf für eine Novelle des Stasi-Unterlagengesetzes, den die Koalition gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen eingebracht hatte, sollte deshalb wieder zum Zuge kommen. Danach wird ab Ende des Jahres nur noch ein kleiner Kreis, wie etwa Regierungsmitglieder, Abgeordnete, Berufsrichter und Wahlbeamte, auf hauptamtliche oder inoffizielle Mitarbeit für den DDR-Geheimdienst überprüft werden können. Die von den Kulturpolitikern des Parlaments zwischenzeitlich angedachte Erweiterung der Überprüfungsmöglichkeiten, nach denen auch der Sport weiterhin Regelanfragen stellen kann, lehnt Danckert ab. 

Kritik von FDP-Seite

Die Entscheidung der SPD-Sportpolitiker stieß beim sportpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Detlef Parr, auf erhebliche Kritik. Für die Aufarbeitung von DDR-Unrecht sollten andere Wertmaßstäbe als allgemeine Verjährungsgrundsätze gelten, forderte er. Eine formaljuristische Diskussion allein werde der Schwere des Unrechts nicht gerecht. „Der Rechtsfrieden verlangt es, unter moralisch-ethischen Aspekten den Sport sauber zu halten“, erklärte Parr, der für eine Verlängerung der Überprüfungsmöglichkeiten plädierte. 

Ein „sauberer Sport“ verlange es, dass Funktionäre und Mitarbeiter des Sports von Schuld unbelastet sind, unterstrich Parr. Deren charakterliche Eignung, ein wichtiges Element des Sports, könnte nur durch Einzelfallprüfungen mit dem Archivmaterial der Stasi-Unterlagenbehörde festgestellt werden. Detlef Parr: „Auch mit Blick auf die Opfer sind wir verpflichtet, das Stasi-Unterlagengesetz nicht mit einem Schlussstrich zu versehen.“

CDU-Politiker Riegert: Bewertung nach moralisch-ethischen Kriterien

Positionen im Sport einnehmen.“ Das forderte Klaus Riegert, sportpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag. Der CDU-Parlamentarier betonte, moralisch-ethische Kriterien seien höher zu bewerten als Verjährungstatbestände aus dem geschriebenen Recht. Der Sport mit seinem Wertekanon müsse auch zukünftig die Möglichkeit erhalten, zu überprüfen, ob sich seine Repräsentanten und leitenden Mitarbeiter mit dem Unrechtsgefüge der damaligen DDR gemein gemacht haben.  

Riegert: „Nach 16 Jahren darf kein Schlussstrich unter die Stasi-Akten gezogen werden. Über 40 Prozent des Materials sind noch nicht aufgearbeitet. In Zigtausenden von Säcken warten noch Schnipsel, die zusammengefügt und ausgewertet werden müssen.“ Deshalb müsse der Zugang zu den Stasi-Dokumenten so lange offen bleiben, bis alle Unterlagen ausgewertet sind und Gewähr besteht, dass kein hauptamtlicher oder inoffizieller Stasi-Mitarbeiter führende Positionen im Sport einnehmen kann. 

Die Gegner einer Fristverlängerung, so Riegert, wollten die Vergangenheit verdrängen: „Stasi-belastete Personen dürfen nicht die Zukunft des Sports gestalten.“ Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion setze sich für eine Fristverlängerung und eine Novellierung des Stasi-Unterlagengesetzes ein. „Es muss die saubere, lückenlose Aufarbeitung der Stasi-Verstrickungen im Sport gewährleistet sein, damit die Personen keine führenden Positionen im Sport bekleiden, die ihn missbraucht und ihm nachhaltig geschadet haben“, erklärte der Sportexperte der Union. 

DOSB-Generaldirektor Vesper für Beibehaltung der Überprüfungsmöglichkeiten

Mit Ablauf des 28. Dezember laufen die Möglichkeiten des Stasi-Unterlagengesetzes aus, über so genannte Regelanfragen Auskünfte zu erhalten. Der Bundesrat hatte auf Antrag von Thüringen eine Gesetzesinitiative beschlossen, die eine unbefristete Fortsetzung der bisherigen Überprüfungsmöglichkeiten vorsieht. Nach einer Anhörung im Kulturausschuss waren die Fachpolitiker zu der Empfehlung gekommen, das derzeitige Auskunftssystem für den Sport beizubehalten, damit auf dieser Grundlage auch weiterhin Einzelfallprüfungen vorgenommen werden können.

DOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper hatte in einer schriftlichen Stellungnahme appelliert, die Überprüfungsmöglichkeiten des derzeit geltenden Gesetzes für den Sport beizubehalten; er schrieb unter anderem: „Es wäre den Bürgerinnen und Bürgern nicht zu vermitteln, dass die Bespitzelung und Denunziation von Mannschaftsmitgliedern nunmehr plötzlich keine Rolle mehr bei der Besetzung von Führungspositionen im Sport spielen soll.“


  • Parteien streiten über Überprüfungsmöglichkeiten für den Sport nach dem 28. Dezember 2008. Copyright: picture-alliance/ZB
    Parteien streiten über Überprüfungsmöglichkeiten für den Sport nach dem 28. Dezember 2008. Copyright: picture-alliance/ZB