„Vielfalt bereichert“ – aber was habe ich davon?

Es ist Mittwochmorgen, 09.00 Uhr. Die Damen und Herren, Beamte im allgemeinen Vollzugsdienst in hessischen Justizvollzugsanstalten (H.B. Wagnitz-Seminar) betreten den Schulungsraum in der Sport- und Bildungsstätte der Sportjugend Hessen in Wetzlar....

Bulldozer: die Kraft des Anderen spüren, gemeinsam schwitzen und immer wieder einsteigen können – alles geht bei Kampfesspielen (Quelle: SJH)
Bulldozer: die Kraft des Anderen spüren, gemeinsam schwitzen und immer wieder einsteigen können – alles geht bei Kampfesspielen (Quelle: SJH)

Peter Schreiber, Sportjugend-Referent „Sport interkulturell“, legt bereits die Tagesmaterialien aus, baut die Seminarmedien auf und positioniert einige Sportgeräte im Raum.   

Nach einer kurzen Begrüßung und Einleitung beginnt das Tagesseminar „Vielfalt bereichert – interkulturelle Kompetenzen in Sport und Alltag“ mit dem Warming-up: Kennenlernen in Bewegung („Namenwerfen“ mit Boxhandschuhen) auf der Wiese hinter der Bildungsstätte ist angesagt.  Es schließt sich eine Einführung zum Bundesprogramm „Integration durch Sport“ an, gefolgt vom ersten Theorieblock, dem Grundgerüst der Fortbildung: 3 Säulen, 4 Kernthesen, 5 Spielfelder – eingeleitet wie alle weiteren Informations- und Gruppeneinheiten mit energiegeladenen Bewegungsspielen.

Expertenwissen und Kultur

Das strukturierende Element des Tages ist die Teilnehmendenorientierung des Seminars, dessen Basis die DOSB-Fortbildung „Sport interkulturell“ darstellt. Dabei achtet der Seminarleiter dezidiert auf die Zusammensetzung der Gruppe, die Motivation der Einzelnen und knüpft an deren Erfahrungswissen an. So gesehen sind alle Anwesenden Lernende und Experten zugleich.

Das wird dann direkt in der Moderationsmethode World Café deutlich. An drei Tischen bringen die jungen Leute ihre Erfahrungen und Meinungen im Zusammenhang mit Interkulturalität zu Papier (z.B. zur Aussage „Integration ist Aufgabe der Politik!“) und diskutieren unter Leitung des „IdS“-Referenten die Niederschriften.

Vor der Mittagspause dreht sich alles um das Thema Kultur. Eine Sprichwörterübung verdeutlicht, dass so genannte typisch deutsche Redewendungen durchaus „nicht typisch deutsch“ sind, sondern sich wie verinnerlichte Werte  (z.B. Ordnung, Pünktlichkeit) in anderen Kulturen wiederfinden. Was und wie andere Menschen aus diversen Kulturen über Deutsche denken und uns wahrnehmen, wird partnerweise herausgearbeitet und erzeugt Aha-Effekte bei den Teilnehmenden.

“Ich kämpfe und spiele fair!“

Nach dem Mittagessen wird es dann richtig sportlich. Die Gruppe startet mit Move & Box-Techniken, unterlegt mit rhythmisch-fetziger Musik, in den Nachmittag. Mit weiteren Spielen auf Touren gebracht stehen die Justizvollzugsbeamten nun erwartungsvoll im Kreis: es darf gekämpft werden. Zuvor nehmen sich die Teilnehmenden das Versprechen mit dem Ritual ab: „Ich kämpfe und spiele fair“. Innerhalb des so genannten Spannungsbogens ähnlich einer Trainingseinheit leitet der Referent/Trainer lediglich an. Der jeweilige „innere Schiedsrichter“ sorgt dafür, dass Jede und Jeder sich selbst reguliert, sollte es unfair zugehen, dass alle miteinander und nicht gegeneinander kämpfen. So haben alle die Möglichkeit, kontrolliert in die Kraft zu gehen und den Partner seine Kraft spüren zu lassen. Die erhitzten Körper und lachenden Gesichter verdeutlichen es: alle sind Gewinner, die sich an die vorgegebenen Regeln halten, es gibt keine Verlierer. Das Highlight der Kampfesspiele: die „Gletscherspalte“. Eine Person quetscht sich zwischen zwei Weichböden hindurch, die von zwei Seiten wie ein Sandwich zusammengedrückt werden. Betreuer am Ein- und Ausgang bieten Sicherheit und nehmen die Angst vor dem Ungewissen. Und spätestens hier zeigen sich soziale Werte wie  Toleranz, Akzeptanz, Anerkennung und Respekt  vor der Leistung und dem Mut der Kolleginnen und Kollegen.

Interkulturelle Kompetenzen – das Wissen der Zukunft

Mit Cool-down und dem Abschlussritual „ Wir haben fair gespielt und gekämpft!“ endet der Kampfesspiele-Teil – viel zu früh für die Mitwirkenden! Zurück im Seminarraum verteilt der „IdS“-Referent abschließend eine „Spiele für Viele – alle sind Gewinner“-Übersicht.

Zum Ende des Tages werden die wichtigsten interkulturellen Kompetenzen für ihr Arbeitsfeld von den Teilnehmenden selbst benannt: Dialogbereitschaft, Empathievermögen, Selbstreflektion. 

Im finalen Blitzlicht nun noch das Fazit:  viel Neues und Interessantes im Miteinander erfahren, angenehme Atmosphäre, der erfrischende Wechsel zwischen sportlichen Einheiten, Theorie-Inputs, Arbeitsphasen und Diskussionsrunden -  und vor Allem Sport, intensiv, anstrengend  und spaßig erlebt.


  • Bulldozer: die Kraft des Anderen spüren, gemeinsam schwitzen und immer wieder einsteigen können – alles geht bei Kampfesspielen (Quelle: SJH)
    Bulldozer: die Kraft des Anderen spüren, gemeinsam schwitzen und immer wieder einsteigen können – alles geht bei Kampfesspielen (Quelle: SJH)